Gastbeitrag
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5 min Lesezeit

Die zahnärztliche Dokumentation und ihre rechtliche Relevanz

Autor/in
Wilma-Christine Schäfer
Veröffentlicht
September 23, 2025
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Jeder Zahnarzt ist verpflichtet, eine Patientenakte zur Dokumentation der Behandlung zu führen. Die ordnungsgemäße Dokumentation des Behandlungsgeschehens ist unter verschiedenen Gesichtspunkten von enormer rechtlicher Relevanz. Sie dient nicht nur dem Zahnarzt selbst und dem Schutz des Patienten. Vielmehr kann eine ordnungsgemäße Dokumentation den Zahnarzt auch vor empfindlichen haftungsrechtlichen Konsequenzen bewahren. Zudem stellt sie die Grundlage für die Abrechnung und Vergütung der erbrachten Leistungen dar. 

Der nachfolgende Beitrag bietet einen Überblick über die zentralen rechtlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen an eine ordnungsgemäße zahnärztliche Dokumentation.

Rechtliche Anknüpfungspunkte

Die zahnärztliche Dokumentationspflicht ergibt sich im Wesentlichen aus zivilrechtlichen, berufsrechtlichen und vertragszahnarztrechtlichen Vorgaben. 

Vertragliche Nebenpflicht zum Behandlungsvertrag

Zivilrechtlich ist die Dokumentationspflicht des Zahnarztes auf Grundlage höchstrichterlicher Rechtsprechung in § 630f BGB normiert. Sie stellt eine vertragliche Nebenpflicht zum Behandlungsvertrag (§ 630a BGB) dar. Der Patient hat gemäß § 630g BGB grundsätzlich das Recht, Einsicht in seine Patientenakte zu erhalten. Die Dokumentation dient dem Zahnarzt als Gedankenstütze und gewährleistet eine sachgerechte therapeutische Behandlung und Weiterbehandlung des Patienten (BT-Drs. 17/10488, S. 25 f.).

Berufsrechtliche Verpflichtung 

Auch berufsrechtlich ist der Zahnarzt verpflichtet, eine Dokumentation über das Behandlungsgeschehen zu führen. Die verbindlichen Regelungen der Berufsordnungen der Landeszahnärztekammern (z.B. § 12 BO-Z Hessen oder § 12 BO-Z Bayern) entsprechen in der Regel weitestgehend § 12 der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer (MBO-Z). Die Regelungen orientieren sich stark an der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Zivilgerichte und stimmen daher im Wesentlichen mit den Anforderungen des § 630a BGB überein (vgl. Kommentar zur Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer, 5. Aufl. 11/2024, § 12 Rn. 3 f.).

Dokumentation zum Zweck der Abrechnung

An der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmende Zahnärzte sind darüber hinaus gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 2 SGB V zur Aufzeichnung der von ihnen erbrachten Leistungen verpflichtet. § 8 Abs. 3 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z) enthält eine konkretisierende Regelung zur zahnärztlichen Dokumentation. Die Dokumentation der erbrachten Leistungen dient als Grundlage für deren ordnungsgemäße Abrechnung. Sie muss außerdem die Überprüfbarkeit der Abrechnung im Rahmen von Abrechnungs- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen ermöglichen.

Was ist zu dokumentieren?

Der Umfang der zahnärztlichen Dokumentation gemäß § 630f BGB und § 12 MBO-Z bestimmt sich im Wesentlichen nach den medizinischen Vorgaben des jeweiligen Einzelfalles. Sie muss daher alle aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse enthalten. Dazu zählen entsprechend der – nicht abschließenden – Aufzählung in § 630f Abs. 2 BGB „insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen.“ Ebenfalls sind Arztbriefe sowie Röntgen- und Bildaufnahmen in die Patientenakte aufzunehmen. Darüber hinaus können regelmäßig auch Ratschläge und Empfehlungen des Zahnarztes, Verweigerungen des Patienten, Behandlungsabbrüche einschließlich der Begründung sowie der Einsatz besonderer Behandlungsarten oder Vorgehensweisen erforderlicher Bestandteil einer ordnungsgemäßen Dokumentation sein. 

Da die Dokumentation auch als Grundlage für die Abrechnung dient, muss sie gleichzeitig alle erforderlichen Angaben enthalten, aus denen sich die Erbringung der abgerechneten Leistungen ergibt. § 295 Abs. 1 Nr. 2 SGB V und § 8 Abs. 3 BMV-Z fordern daher die fortlaufende Dokumentation aller Befunde, Behandlungsmaßnahmen sowie der veranlassten Leistungen einschließlich des Behandlungstages und ggf. der Uhrzeit mit Zahnbezug. Ist die Abrechnung bestimmter Leistungen nur unter gewissen Bedingungen möglich, muss die Dokumentation Aufschluss darüber geben, ob diese eingehalten wurden.

Entsprechendes gilt auch für die Abrechnung auf Grundlage der GOZ. Hängt die Abrechenbarkeit bestimmter Gebührenpositionen beispielsweise von einer bestimmten Zeitdauer oder – etwa bei Überschreiten des 2,3-fachen Gebührensatzes – von einem besonderen Schwierigkeitsgrad ab, ist es ratsam, das Erfüllen dieser besonderen Voraussetzungen zu dokumentieren, um spätere Rückforderungen und Abrechnungsstreitigkeiten zu vermeiden.

Wer muss dokumentieren?

Gemäß § 630f Abs. 1 BGB ist der „Behandelnde“ zur Dokumentation verpflichtet. Das ist entsprechend § 630a Abs. 1 BGB der Vertragspartner des Behandlungsvertrags, also beispielsweise eine Berufsausübungsgemeinschaft, der Träger eines zahnärztlichen MVZ oder der Zahnarzt selbst. Auch § 295 SGB V verpflichtet den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Zahnarzt und die Einrichtung. Die Dokumentation ist allerdings delegierbar, sodass sich die jeweilige Einrichtung hierzu geeigneter Mitarbeiter bedienen kann. In der Regel erfolgt die Dokumentation durch den behandelnden Zahnarzt, der hierzu berufsrechtlich entsprechend § 12 Abs. 1 MBO-Z verpflichtet ist. Dieser dokumentiert entweder selbst oder stellt durch entsprechende Anweisung an qualifiziertes Personal sicher, dass eine ordnungsgemäße Aufzeichnung des Behandlungsgeschehens erfolgt.

Wann und wie ist zu dokumentieren?

Die zahnärztliche Dokumentation kann sowohl in Papierform als auch digital (elektronisch) erfolgen. Ein Vermerk in Stichworten, Abkürzungen oder Zeichen genügt den rechtlichen Anforderungen, wenn dieser für einen anderen Fachkundigen verständlich ist. Wichtig ist allerdings, dass die Aufzeichnungen im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung erfolgen. Zum Zweck der fälschungssicheren Organisation der Dokumentation (vgl. BT-Drs. 17/10488, S. 26) muss bei Berichtigungen, Änderungen und Ergänzungen der ursprüngliche Inhalt erkennbar bleiben. Ebenfalls muss kenntlich sein, zu welchem Zeitpunkt die Anpassungen vorgenommen wurden. 

Die zahnärztliche Dokumentation muss zur Wahrung der ärztlichen Schweigeflicht vor dem Zugriff unbefugter Dritter geschützt sein. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass sie geltenden Datenschutzbestimmungen unterliegt, sodass die Regelungen der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zu berücksichtigen sind.

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Aufbewahrungsfristen

Patientenakten sind in der Regel zehn Jahre aufzubewahren, es sei denn es besteht eine abweichende Aufbewahrungsfrist aufgrund anderer Vorschriften. So müssen beispielsweise Röntgenaufnahmen von Minderjährigen gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 2 b) Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres aufbewahrt werden. Die Frist beginnt gemäß § 630f Abs. 3 BGB sowie entsprechend § 12 Abs. 1 MBO-Z mit Abschluss der Behandlung. Unter Abrechnungsgesichtspunkten ist gemäß § 8 Abs. 3 S. 3 BMV-Z für den Fristbeginn auf den Abschluss des Jahres abzustellen, in dem die Behandlung abgerechnet wurde.

Verletzung der Dokumentationspflicht

Zivilrechtlich stellt die Verletzung der Dokumentationspflicht regelmäßig keinen eigenständigen Haftungsgrund dar. Ein Schadensersatzanspruch kommt allenfalls dann in Betracht, wenn es nachweislich aufgrund der unterbliebenen oder fehlerhaften Dokumentation zu einer Fehlbehandlung gekommen ist, was selten der Fall sein dürfte. Allerdings stellt § 630h Abs. 3 BGB für den Fall eines zahnärztlichen Haftungsprozesses eine empfindliche Vermutung auf: Wird eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis nicht in der Patientenakte aufgezeichnet, wird vermutet, dass der behandelnde Arzt diese Maßnahme nicht getroffen hat. Hierbei handelt es sich um eine Beweislastumkehr zugunsten des Patienten, die ihm den Nachweis eines Behandlungsfehlers erheblich erleichtert. Denn der Zahnarzt wird sich ohne die relevanten Bestandteile der Dokumentation in der Regel schwer tun, diese Vermutung zu widerlegen. 

Weitere unliebsame Folgen drohen unter Abrechnungsgesichtspunkten: Sind die erbrachten Leistungen nicht vollständig und ordnungsgemäß dokumentiert, kann es zu nachträglichen Honorarkürzungen oder -rückforderungen kommen. Im Rahmen von Abrechnungs- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen in der vertragszahnärztlichen Versorgung geht eine unzureichende Dokumentation grundsätzlich zulasten des Zahnarztes – fehlen Bestandteile der Dokumentation (z.B. Röntgenbilder), kann unter Umständen die gesamte Behandlungsmaßnahme als nicht mehr nachvollziehbar bewertet werden, was regelmäßig zu deren vollständiger Kürzung führt.

Bei Berufsrechtsverstößen wegen der Verletzung der Dokumentationspflicht kommen Disziplinarmaßnahmen in Betracht, deren Anwendung in der Praxis allerdings nicht häufig ist.

Fazit

Eine sorgfältige, vollständige und zeitnahe Dokumentation der zahnärztlichen Behandlung ist unerlässlich, um Patientenrechte zu wahren, Honoraransprüche abzusichern und sich selbst gegen mögliche haftungsrechtliche Konsequenzen zu schützen. Sie schafft Transparenz im Behandlungsverlauf, fördert die Qualität der Versorgung und dient als verlässliche Grundlage für medizinische Entscheidungen.

Durch eine strukturierte Führung der Patientenakte und den Einsatz professioneller, datenschutzkonformer Softwarelösungen lässt sich die Dokumentationspflicht nicht nur effizient erfüllen, sondern auch nachhaltig in den Praxisalltag integrieren. Gleichzeitig wird das Risiko empfindlicher rechtlicher und wirtschaftlicher Folgen deutlich minimiert. Eine gut geführte Patientenakte ist damit nicht nur unter rechtlichen Gesichtspunkten ein Muss, sondern auch ein Zeichen für verantwortungsvolle und patientenorientierte Zahnmedizin.

Autorin

Wilma-Christine Schäfer, LL.M. ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht. Sie ist Gründerin der auf das Gesundheitswesen spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei LUME und berät alle Akteure der Gesundheitsbranche – mitunter Ärzte, Kliniken, Unternehmen der Gesundheitsindustrie sowie Health Start-ups – zu Fragestellungen des Medizin- und Gesundheitsrechts.

Wilma-Christine Schäfer, LL.M.

LUME Rechtsanwaltskanzlei

Tel.: +49 89 21558052

E-Mail: w.schaefer@lume-law.de

www.lume-law.de

Die Inhalte dieses Beitrags dienen ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzen keine individuelle rechtliche Prüfung im Einzelfall.

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